Das Ende der Erforschung von Schleswigs Altstadt?


Jürgen Griese


Moorkatenweg 19
24837 Schleswig
Tel.: 04621 21413
Schleswig, 04.01.2010
Abs.: Jürgen Griese, Moorkatenweg 19, 24837 Schleswig

An die Stadt Schleswig
z.Hd. Herrn Thorsten Dahl
Bürgermeister
Rathaus
24837 Schleswig

Betr.: Verhinderung der Zerstörung wertvollster Bodendenkmale und irreversibler Zerstörung
des Bildes der Schleswiger Altstadt.

Sehr geehrter Herr Dahl,

ich bitte Sie, den unverzüglichen Stopp der Bauarbeiten Ecke Fischbrückstraße/Hafengang in der Altstadt Schleswigs zu veranlassen, weil sonst durch das Bohren von 22 Betonpfählen auf dem bereits dafür vorbereiteten Grundstück für die Erforschung des frühesten Schleswiger Hafens aus dem frühen 11. Jahrhundert unverzichtbare Bodendenkmale zerstört würden.

Während wir den westlichen und einen Teil des mittleren historischen Hafens von den Untersuchungen durch V. Vogel (1969-1982) und W. Kramer (2007) kennen, ist der östliche Teil gegenüber dem Holm, wo das fragliche 23m x 10m große Grundstück liegt, vollkommen unbekannt. Gerade hier aber sind Untersuchungen besonders wichtig, um z.B. zu klären, wo hier die Uferlinie lag, ob auch hier im Sund zwischen der Altstadt und der Insel Holm (de Beek) noch Landebrücken lagen, ob es hier eine frühe Brücke gab, oder de Beek die Einfahrt in den zur Königspfalz gehörenden Hafen Holmer Noor war usw. Nach Abriss der beiden denkmalgeschützten Gebäude aus dem frühen 17. Jahrhundert wäre eine Untersuchung des nun frei liegenden Grundstückes also unbedingt wünschenswert.

Die Zerstörung der Bodendenkmale durch das Bohren von Pfählen ist in keinem Fall zu rechtfertigen, weil sie einen Verstoß gegen geltendes Denkmalrecht darstellten und die Erforschung dieses bedeutenden Teils des historischen Schleswigs für ewig verhinderten.

Wenn wider Erwarten die Bodendenkmale jetzt nicht erforscht werden sollen, das Grundstück aber unbedingt bebaut werden muss, ließe sich dort ein Haus auf einer Platte errichten, so dass der Untergrund für eine Untersuchung nach Abriss des Gebäudes unversehrt erhalten bliebe. Dieses Haus dürfte dann allerdings nicht die Ausmaße des geplanten haben und sich der mittelalterlichen Kulisse der Altstadt Schleswigs anpassen. Informationen über den geplanten Bau und die Reaktion der Schleswiger Bevölkerung darauf entnehmen Sie bitte den Anlagen.

Mit freundlichen Grüßen,

Jürgen Griese

Vors. des Arbeitskreises wikingerzeitliche Schifffahrt e.V.

2 Anlagen



Jürgen Griese
Gewerbelehrer, OStR a.D.

Moorkatenweg 19
24837 Schleswig
Tel.: 04621 21413
Schleswig, 15.03.2010
Abs.: Jürgen Griese, Moorkatenweg 19, 24837 Schleswig

An die Stadt Schleswig
z.Hd. Herrn Thorsten Dahl
Bürgermeister
Rathaus
24837 Schleswig


Betr.: Verhinderung der Zerstörung wertvollster Bodendenkmale auf dem Grundstück
Rathausmarkt/Hunnenstraße/Kirchstraße.

Bez.: Mein Schreiben vom 04.01.2010 bezüglich Zerstörung von Bodendenkmalen
auf dem Grundstück Fischbrückstraße/Hafengang.

Sehr geehrter Herr Dahl,

laut SLN-Meldung "Fibel-Fund hilft Forschern" vom 18.11.2010 beendete das Archäologische Landesamt die Grabung nach Untersuchung "der ersten beiden Meter der Kulturschicht" in etwa drei Metern Tiefe. Untersucht wurden aber wegen fehlender Abstützungen benachbarter Gebäude flächenmäßig lediglich etwa 20 % und volumenmäßig noch nicht einmal 10 % des an der Hunnenstraße 23,6 m breiten und etwa 800 m² großen Grundstückes (s. Karte). Die Grabungsstelle, die während der Arbeiten noch nicht einmal mit einem Zelt abgedeckt war, liegt im Zentrum der Schleswiger Altstadt auf einer gedachten Linie zwischen ehemaliger Königspfalz und Dom und in dessen unmittelbarer Nähe. Es liegt nahe, und das Gefälle von der Hunnenstraße zu dem den Dom einrahmenden Rasen lässt es vermuten, dass auf diesem Grundstück die Grenze zwischen dem klerikalen und dem königlichen oder merkantilen Teil des alten Schleswigs zu finden ist. Der Name "Hunnenstraße" könnte zudem auf uralte Handelsbeziehungen zur Stadt Soest hinweisen, das im 5. Jahrhundert von einem friesischen Häuptling aus dem "Hunenland" beherrscht wurde.

Herr Dr. Volker Vogel hat bei seiner Grabung auf der gegenüberliegenden Seite der Hunnenstraße auf dem "Schild" in bis zu sieben Metern Tiefe die "städtische Strukturveränderung um 1250" (SLN) und die frühesten Anfänge der Stadt Schleswigs gefunden. Entsprechend tiefgehende und das ganze Grundstück nutzende Untersuchungen sind letztes Jahr auf der gegenüber liegenden Seite noch nicht vorgenommen worden. Man hat vielmehr im November die Grube mit Kies verfüllt, als gerade ein weiterer Brunnen frei gelegt wurde. Jetzt droht vermutlich mit dem Beginn der Bauarbeiten eine Zerstörung der Bodendenkmale durch Pfahlgründung, wie das vor einem Jahr entgegen geltendem Recht auf dem Grundstück Fischbrückstraße/Hafengang geschah.

Ist seit der Grabung Dr. Willi Kramers am Hafengang 2007 und dessen Entfernung aus seiner erfolgreich und verantwortungsvoll langjährig ausgeübten Tätigkeit als Gebietsdezernent am Archäologischen Landesamt durch die Staatskanzlei die Erforschung der Schleswiger Altstadt durch Gremien der Stadt jetzt ad acta gelegt worden? Müssen Bauherren nun nicht mehr entgegen geltendem Denkmalschutzrecht die archäologische Untersuchung ihres Grundstücks zulassen und finanzieren, bevor sie Gewinn machen, was ich ihnen nicht missgönne? Nach der Verschandelung des Schleswiger Stadtbildes durch das neue Gebäude Ecke Fischbrückstraße/Hafengang und der Zerstörung der Bodendenkmale darunter (traurige Hauptsache!) ist das nun fast Gewissheit. Es geht bei Bauarbeiten in der Schleswiger Altstadt offensichtlich nicht mehr um die gesetzlich gebotene Erforschung ihrer bedeutenden Geschichte sondern nur noch um den Profit von Bauunternehmen!

Gegen diese vor unseren Nachkommen nicht zu verantwortende und für die Entwicklung des modernen Schleswig falsche Politik möchte ich hier in aller Form protestieren und Sie bitten, kraft Ihres Amtes als Schleswiger Bürgermeister sicher zu stellen, dass das Grundstück zwischen Hunnenstraße und Dom von den zuständigen Archäologen sorgfältig bis auf den gewachsenen Boden untersucht wird, bevor man es bebaut.

Dabei kann man beide Zwecke durchaus Kosten sparend miteinander verbinden. Eine umlaufende Spundwand könnte die Grube während der Ausgrabung sichern und hinterher als verlorene Schalung für eine Kellergarage dienen, auf der dann die geplanten Seniorenwohnungen errichtet werden. So hätte man auch in der Fischbrückstraße verfahren müssen, wenn schon das Gebäude aus der Mitte des 17.Jahrhunderts abgerissen werden sollte. Dazu werden wir noch zu gegebener Zeit in unserer Homepage www.wikingerzeitliche-schifffahrt.de Stellung beziehen.

Mit freundlichen Grüßen,

Jürgen Griese

Vors. des Arbeitskreises wikingerzeitliche Schifffahrt e.V.



Dom mit Baulücke:
Im 11. Jahrhundert sieben Meter tiefer im Untergrund der Weg des dänischen Königs oder seines Jarls von der Pfalz zur Domkirche? Heute noch freier Blick über das Baugrundstück zum Dom.
Foto Jürgen Griese


Baugrundstück mit Rathaus und Graukloster
Heimweg des dänischen Königs oder seines Jarls? Im Hintergrund das Rathaus mit dem angebauten Graukloster unter dem Volker Vogel Reste der Königspfalz fand. Im Vordergrund das Baugrundstück. Hier fand am 09.04.2011 eine Bodenuntersuchung auf Tragfähigkeit statt. Festen Grund fand man in 8 m Tiefe. Das entspricht etwa der Erdoberfläche der Stadt Schleswig im 11. Jahrhundert, die Volker Vogel auf dem benachbarten Grundstück in 7 m Tiefe ergraben hat. Das Grundstück ist für Fundamentierungsarbeiten hergerichtet. Jederzeit kann jetzt der große Bohrer wie letztes Jahr an der Fischbrückstraße anrücken und Schleswigs Bodenarchiv zerschreddern. Die Freunde von Schleswigs Geschichte müssen nun sehr tapfer sein, wenn sie sich nicht noch schnell aufraffen und auf dem Rechtswege intervenieren.
Foto Jürgen Griese